Interview – David Göttler: Nanga Parbat – deutscher Profi-Alpinist wagt Winterexpedition am „Todesberg“

von | 25. Dezember 2013 | Allgemein, Interviews und Potraits, Outdoornews

Am 27. Dezember 2013 ist es endlich soweit, der italienische Extrembergsteiger Simone Moro startet einen erneuten Versuch, den Nanga Parbat (8.125m) erstmals im Winter zu besteigen – ohne Zuhilfenahme von künstlichen Sauerstoff. Mit dabei ist auch der deutsche Alpinist David Göttler, der dem Fluch des „Todesbergs der Deutschen“ im Falle eines Gipfelerfolgs den Schrecken nehmen möchte und zugleich alpine Geschichte schreiben könnte. Gilt eine Winterbesteigung des neunthöchsten Berges der Welt doch als letzte große Herausforderung im Alpinsport.

Alpine Geschichte des Schicksalsbergs

Die ersten Versuche, den Gipfel des Nanga Parbat zu erreichen, scheiterten bereits Anfang der 1930er Jahre. Den Ruf als „Schicksalsberg der Deutschen“ erhielt der Gipfel im Zuge der deutschen Nanga-Parbat-Expedition im Jahr 1934, bei der gleich mehrere Teilnehmer ums Leben kommen sollten. Die Erstbesteigung gelang schließlich dem Südtiroler Hermann Buhl im Jahr 1953. Ganze neun Jahre sollte es bis zum zweiten Gipfelerfolg dauern, als drei bayerische Bergsteiger 1962 erstmals die Diamir-Flanke durchstiegen und beim Abstieg einer von ihnen zu Tode stürzte. Unter der Leitung von Karl Maria Herrligkoffer, gelang 1970 schließlich die Durchsteigung der gefährlichen Rupal-Wand sowie eher ungeplant die erste Überschreitung eines 8.000ers. Auch diesmal bezahlte wieder ein Expeditionsteilnehmer mit dem Leben – Günther Messner. Nur zwei Jahre später kehrte dessen Bruder, die lebende Bergsteigerlegende Reinhold Messner, an den tragischen Ort zurück und bezwang als erster Mensch überhaupt einen 8.000er im Alleingang. Auch die erste Skibefahrung ging auf das Konto eines Südtirolers, als Hans Kammerlander im Jahr 1990 über die sogenannte Nordschulter abfuhr. Nach einem ersten Versuch im Jahr 2012 wäre Simone Moro bei einem Gipfelerfolg der erste Mensch, dem eine Winterbesteigung des Nanga Parbat gelingt.

Biographie von David Göttler

Bereits im Alter von 7 Jahren ging der Münchner Alpinist David Göttler mit seinem Vater regelmäßig auf zahlreiche Entdeckungstouren durch die Alpen. Als Mitglied im Deutschen Alpenverein (DAV) war er bereits mit 22 Jahren einer der ersten Teilnehmer des DAV-Expeditionskaders für Jugendliche im Jahr 2000, den der Extrembergsteiger inzwischen selbst als Trainer betreut. Konsequenterweise startete David Göttler nach Abschluss seiner schulischen Laufbahn eine Karriere als professioneller Berg- und Skiführer sowie Kameramann. Im Frühjahr 2003 musste er seinen ersten Besteigungsversuch des Kangchendzönga (8.595 m) aufgrund des schlechten Wetters aufgeben, konnte aber drei Jahre später mit dem Gasherbrum II (8.035 m) seinen ersten Gipfelerfolg an einem 8.000er feiern. Seitdem stand er mit dem Broad Peak (8.051 m), Dhaulagiri (8.167m), Lhotse (8.516m) und dem erst im Juni 2013 bestiegenen Makalu (8.481m) auf insgesamt fünf der höchsten Berge der Welt. Alles was ihm bisher noch fehlt, ist eine erfolgreiche Winterexpedition – mit dem Nanga Parbat hat sich der Alpinsportler dafür ausgerechnet einen der schwersten 8.000er überhaupt ausgesucht.

Kurzinterview mit David Göttler über seine erste Winterexpedition

Aktuell herrschen in Deutschland gut 10°C – wie bereitest du dich für die rund -40°C am Nanga Parbat vor? Hast du an einem speziellen Training teilgenommen?
Nein. Ich denke, dass das auch nicht wirklich viel genützt hätte, wenn ich mich täglich zwei Stunden in die Gefriertruhe setzen würde. Ich habe viel Ausdauer trainiert wie z. B. Bergläufe. Kälte hingegen ist schwer zu trainieren und ich denke man muss sie vor allem im Kopf akzeptieren, wenn man dann erst einmal am Berg ist. Das kennt ja jeder vom Christkindlmarkt oder vom Skifahren. Sagt man sich dann immer, dass es soooo kalt ist, dann friert man auch viel mehr.

Warum nimmst du an solch einer Expedition teil, obwohl du selbst noch nie einen 8.000er im Winter bestiegen hast?
Ich empfinde unser Vorhaben nicht als solch eine große Expedition! Ok, das Ziel ist groß und die Herausforderung gewaltig, keine Frage. Aber wir sind mit gerade einmal drei Teilnehmern ein ziemlich kleines Team. Aber zur Frage zurück. Mich reizt das Thema Winter an einem 8.000er einfach ungemein. Ich will es wenigstens einmal erfahren und ausprobieren. Und dann noch der Berg an sich. Der Nanga Parbat ist einer der 8.000er, die ich schon von Anfang an gern erfolgreich besteigen möchte oder es zumindest probieren will. Das Ganze dann auch noch mit zwei waschechten Italienern. Das kann nur, nein, das wird sicher eine gute Zeit und eine großartige Erfahrung. Schließlich gibt es mit Sicherheit kaum einen kompetenteren Partner für eine Winterexpedition, als Simone Moro.

Wie denkst du über den „Schicksalsberg der Deutschen“? Hast du eine spezielle Taktik, um die Sorgen aus deinem Kopf zu bekommen und den Berg von seinem Fluch zu befreien?
Ich bin mir der Beziehung der Deutschen zu diesem Berg durchaus bewusst. Aber das ist wirklich meine kleinste Sorge, dass ich dort als „Deutscher“ einem anderen Risiko ausgesetzt bin als all die anderen Bergsteiger. Zumindest habe ich vor dem Nanga Parbat denselben großen Respekt wie vor jedem anderen Berg dieser Kategorie. Und den sollte man immer haben, schließlich kann das ganze Leben davon abhängen.

Würdest du gerne als Erster auf dem Gipfel stehen, um die Seelen der deutschen Bergsteiger zu ehren, die bei vorherigen Expeditionen zum Nanga Parbat ihr Leben ließen?
Nein! Ich wünsche mir auf jeden Fall, das wir es schaffen. Und wer dann am Ende als Erster oben ist, das hat keine wirkliche Bedeutung für mich. Wir werden dort als Team unterwegs sein, also auch als Team den Gipfelerfolg feiern.

Noch eine letzte Frage: Ihr seid bereits vor dem 24. Dezember abgereist, wo und wie wirst du Heiligabend verbringen? Singst du beim Auspacken der Geschenke dann eigentlich auch traditionelle Weihnachtslieder für die anderen?
Ich hoffe, dass sich irgendwo in meinem Gepäck ein Geschenk finden werde und es dann in Ruhe auspacken kann. Und vielleicht starten wir ja einen deutsch-italienischen Liederwettbewerb. Aber ehrlich gesagt kann weder ich gut singen, noch glaube ich, dass es die anderen Beiden können (grinst). Somit wird es wohl eher eine bescheidene Bescherung geben. Und mal sehen, wo wir uns bis dato überhaupt befinden … wahrscheinlich irgendwo zwischen Islamabad und Basislager. Und dort werden wir wohl kaum einen Weihnachtsmarkt zum Glühweintrinken finden.

Das gesamte airFreshing-Team wünscht dir viel Glück und vor allem einen Gipfelerfolg, der aber weder auf Kosten deiner Gesundheit noch auf Basis sonstiger Verluste gelingt. Wer mehr über ihn erfahren will, kann sich auf seiner Website bzw. auf seiner Facebook-Fanpage informieren.